Endlich ist es wieder da: Das Spiel der deutschen Nationalmannschaft. Vorher war es nur dem Namen nach ein „Spiel“. Jetzt rollt der Ball wieder nach vorne. Meistens rund um den, auch vielfach tätowierten, Fussballstar Toni Kross. Zweimal hintereinander Siege eingefahren. Wann gab es dies zuletzt? Weiß ich nicht mehr. Jedenfalls überzeugt mich die neue Truppe des Landsberger Gewächs Julian Nagelsmann, (der nicht nur ähnlich heißt wie ich, sondern bei mir im Ort um die Ecke aufwuchs. Wie der Thomas Müller übrigens auch. ) Heißt das, wir können uns auf eine ansehnliche FußballWM im Sommer freuen? Zumindest können wir diesmal eine EM genießen, bei der live einigermaßen wohltemperiertes Klima herrscht, und für alle anderen, die Kombi Biergarten, Kastanien und Fußball-WM auf der Leinwand höchste Freude bringt.
Die Europameisterschaft ist bald in Deutschland.
Nachdem die WM 2006 so etwas wie eine neue Coolness des Deutschen brachte, oder so etwas in der Art, ist es nun wieder an der Zeit: die deutsche muffige Art abzulegen und gemeinsam zu feiern. Hier ist Bedarf, denn nach all den gefühlten Millionen Debatten rund um “Masken”, rund um “die da Oben”, jeder gegen jeden, ist etwas Coolness etwas mehr wert als Gold. Auf diese Chance freue ich mich. Der europäische Stier rennt über die Fußball-Felder, und bringt hoffentlich Friede, Freude und Eierkuchen mit. Na ja, vielleicht lieber etwas frisches Obst. Man muss ja auf die Linie achten. Der Stier Europas, das ist Zeus. Ein Gott, der sich auf seinen amourösen Abenteuern in Griechenland gern als mächtiger Paarhufer ausgab. So konnte er bei den Mädels punkten. Und Europa, das fesche Girlie, sprang ohne große Worte auf seinen Rücken und ritt mit ihm gen Norden. (Na ja, nicht ganz so freiwillig, wie uns Hesiod berichtet).
Fussball und Göttertum immer eine gute Entscheidung, wenn es um ein neues Tattoomotiv geht.
Wie wohl eine Mannschaft der Götter gegen die besten Fussballer der Welt aussehen würde, Halbgötter gewissermaßen? Dann würde der aufbrodelnde Zeus im Sturm gegen den abgeklärten Rüdiger antreten. Er würde einmal an ihm vorbeiziehen, auf das Tor schießen, und: Neuer müßte halten. Vielleicht wäre der Schuss auch unhaltbar und es würde gleich “1 zu 0” für die Götter stehen. Hoffnung besteht darin, dass Zeus nicht all zu lange am Ball bleiben würde. Sprunghaft wie er ist, würde Zeus wohl kaum 90 Minuten durchhalten. Und schon nach kurzer Zeit einen Ausritt nach irgendwohin machen. Dann haben wir die Chance anzugreifen. Thomas Müller würde den phlegmatischen Hephaistos umspielen, an dem Schöngeist Apollo vorbei, der sich niemals seinen Körper schmutzig machen würde, und dann, wenn der Schuß auf das Tor erfolgt, müsste der göttliche Torhüter Hermes auch zu bezwingen sein; insbesondere, da er sich, auf demTor sitzend, mit dem Publikum hinter ihm unterhalten würde.
Das wären schöne Spiele in Europa. Hoffen wir, dass wir auch schöne Fußballmomente erleben. Auch wenn wir nur unter uns Menschen spielen. Etwas Spiel- und Lebenskultur zu pflegen, würde dem angeschlagenen Europa und dem Rest der Welt guttun.
Ich jedenfalls freue mich auf ein Großereignis, das ruhig ein bisschen langweilig sein darf. Vielleicht so wie 2006 daheim, wo wir, mittendrin ausgeschieden, dennoch Weltmeister wurden: in einer angenehmen, netten und unaufgeregten Feierlaune.
Text: Julian Bachmann
Grafik: Jonas Bachmann