Walküren: Eine Karriere vom Totendämon zum Opernstar
von Dirk-Boris Rödel
Unser Bild von Walküren ist geprägt von der gleichnamigen Oper Richard Wagners; unter einer Walküre stellen wir uns eine nordische Kriegerin vor, bewaffnet mit Speer und Schild, geschützt mit Rüstung und dem unverzichtbaren Flügelhelm, eher ein bisschen fülliger und, natürlich, opulente Arien schmetternd.
Mit den Walküren oder Valkyren der nordischen Mythologie hatten Wagners Opernsängerinnen, die er in fantsievolle, aber wenig authentische Kostüme gehüllt hatte, relativ wenig bis gar nichts zu tun.
In ihrer frühsten Form waren Valkyren im Volksglauben in der Vorstellung der Skandinavier Geisterwesen, eine Art Totendämonen, die nicht unbedingt positiv angesehen wurden. Der wörtlichen Übersetzung nach sind es diejenigen, die »die Gefallenen erwählen« – unklar ist dabei in der frühesten Form jedoch, ob die Valkyren auswählen, wer von den Kriegern, die an einer Schlacht teilnehmen, fallen wird, oder ob sie von den bereits Gefallenen jene auswählen, die sie zu Odin nach Walhall geleiteten. Im Laufe der Zeit setzte sich jedoch die zweite Deutung durch.
Das Bild der Valkyren wandelte sich im Laufe der Zeit vom einschüchternden, todbringenden Dämon des Frühmittelalters durch die Dichtung des Hochmittelalters zur nahezu romantischen Figur der weiblichen Halbgott-ähnlichen Kriegerin, die sich sogar in einen Helden auf dem Schlachtfeld verlieben kann. In verschiedenen nordischen Schriften des 11. und 12. Jahrhunderts tauchen erstmals Namen von Valkyren auf, die ihnen verglichen mit den gesichtslosen Dämonengestalten des Frühmittelalters eine individuelle Identität zugestehen, die vermutlich jedoch der künstlerischen Freiheit der jeweiligen Autoren entsprangen.
Text: Dirk-Boris Rödel
Grafik: Jonas Bachmann